OnlinezugangsgesetzBundesrechnungshof wirft Innenministerium Beschönigung vor

Mit dem Onlinezugangsgesetz scheint es gut voranzugehen, glaubt man dem öffentlichen Auftritt des Innenministeriums. Doch der Bundesrechnungshof stellt jetzt fest: Bislang wurde nur ein Bruchteil der Leistungen des Bundes digitalisiert, die Darstellungen des BMI sei „irreführend“.

Ein Kugelschreiber liegt auf einem Antragsbogen. Die Felder für Familienname, Geburtsname und Geburtsdatum sind zu sehen.
Sollen bald auch online funktionieren: Antragsstellungen. – Vereinfachte Pixabay Lizenz Krissie

Lange Schlangen und komplizierte Verfahren für einen Einbürgerungs- oder einen Bafög-Antrag: Ginge es nach dem Bundesinnenministerium (BMI), sollte das bald vorbei sein. Die Kommunikation mit der Verwaltung wird digitalisiert, lange Behördengänge sollen so reduziert werden. Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs (Onlinezugangsgesetz, OZG) wurde bereits 2017 im Bundestag beschlossen und soll dieses Problem lösen. Das Ziel ist eine schnellere, effizientere und nutzerfreundlichere Interaktion „zwischen Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen mit der Verwaltung“, heißt es beim BMI.

Laut dem Gesetz sollen bis zum Ende dieses Jahres wichtige Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen online abgewickelt werden können. 500 Millionen Euro waren dafür vom Bund vorgesehen, im Jahr 2020 wurden weitere 3 Milliarden Euro im Zuge des Corona-Konjunkturpaketes für den Prozess bewilligt. Doch der Bundesrechnungshof sieht das kritisch. In einem Bericht wirft der Bundesrechnungshof dem BMI vor, es würde den Fortschritt für die Verwaltungsleistungen des Bundes „beschönigen“.

Wenig Fortschritte bei der Digitalisierung

Von insgesamt 1.532 dieser Leistungen seien bislang nur 58 Leistungen nach den Leitlinien des Onlinezugangsgesetzes digitalisiert worden, heißt es in dem Bericht des Bundesrechnungshofes. Zur Erinnerung: Es würden jetzt noch sieben Monate bleiben, um die restlichen 1.474 Verwaltungsleistungen fristgerecht digital zur Verfügung zu stellen.

In dem Bericht heißt es weiter:

Das BMI hat mit seinen Berichten und seinem Internetauftritt den Eindruck erweckt, dass die Digitalisierung der Verwaltung bereits weit vorangeschritten sei. Tatsächlich hat der Bund selbst erst 3,8 % seiner Verwaltungsleistungen wie vorgesehen digitalisiert

Das BMI hält auf seinem OZG-Dashboard den aktuellen Umsetzungsstand des Gesetzes fest. Dort sah der Fortschritt deutlich größer aus. Auch dem IT-Rat berichtete das BMI einen deutlich höheren Fortschritt: Im Oktober 2021 hieß es vom BMI, 73,9 Prozent der priorisierten Leistungen seien online verfügbar.

„Irreführende Darstellung“

Der Bundesrechnungshof bemängelt unter anderem, dass die Verwaltungsleistungen des Bundes in so genannte OZG-Leistungen gebündelt werden. Die gesamte OZG-Leistung nimmt dann den Grad der am weitesten digitalisierten Verwaltungsleistung an, auch wenn die restlichen Leistungen noch nicht vollständig oder gar nicht digitalisiert sind.

Das BMI selbst weist diese Vorwürfe zurück. In einer Stellungnahme erläutert das BMI, dass das OZG-Dashboard auf Grund von Nutzerfreundlichkeit vereinfacht dargestellt wird. Für tiefergehende Informationen könnten sich „interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen auf einer OZG-Informationsplattform registrieren“, so das BMI. Außerdem führt das BMI aus, dass die vom Bundesrechnungshof ermittelten 3,8 Prozent Digitalisierungsfortschritt nicht der Realität entsprächen und die Prozesse schon weiter vorangeschritten seien.

Der Bundesrechnungshof sieht in der Kommunikation des BMI zu wenig Transparenz. Das BMI räumt ein, „dass es die Empfehlungen bei der Weiterentwicklung des Berichtswesens aufgreifen wolle“, so der Bundesrechnungshof. Auch in der Vergangenheit gab es Kritik am Onlinezugangsgesetz, zuletzt wurde das Vorgehen zur IT-Sicherheit bemängelt. Und auch bei den Leistungen der Länder und Kommunen ist längst nicht alles bereit. Unter anderem in Berlin sind viele Leistungen noch nicht digitalisiert, der Senat setzt sich für eine Verlängerung der Frist ein.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

0 Ergänzungen

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.